Erklärung der Bayerischen Pfarrbruderschaft zum Thema Lohn und Gehalt in der Kirche

Nachfolgende Erklärung wurde am 17. Mai 2005 vom Rat der Schwestern und Brüder der Mitgliederversammlung vorgelegt, nachdem sich zuvor eine Arbeitsgruppe ausführlich mit der Thematik befasst hatte. Die Mitgliederversammlung hat die vorgelegte Erklärung nach geringfügigen Korrekturen einstimmig beschlossen. Der Text hat in seiner Endfassung folgenden Wortlaut:

Die Bayerische Pfarrbruderschaft hat im Jahr 1999 ihre "Thesen zur Pfarrbesoldung" veröffentlicht. Wesentlich geht es dabei auch um den geschwisterlichen Umgang miteinander im Raum der Kirche. In der Zwischenzeit hat die Thematik weiter an Bedeutung gewonnen. Ein Indiz hierfür ist die öffentliche Diskussion über das Beamtenrecht und die damit aufgeworfene Forderung nach einer stärker an Leistung und Erfolg orientierten Bezahlung. Ein weiteres Indiz sind die neuen Arbeitszeitregelungen im öffentlichen Dienst, die auch in der Kirche Folgen haben werden und die einer Rivalität der Beschäftigten Vorschub leisten können.

Es stellt sich immer mehr die Frage, ob die stetige Anpassung kirchlicher Arbeitsverhältnisse an staatliche Regelungen noch im Sinn des kirchlichen Auftrags sein kann. Wir haben angesichts der aktuellen Problematik unsere Thesen von 1999 nochmals überprüft und bekräftigen ihren Wortlaut. Gewiss geht es auch in der Kirche um Leistung und um Geld, um Anerkennung und um Macht, aber - so unsere These 3 - es muss "kirchengemäß davon geredet werden, nicht unter Übernahme der gerade herrschenden gesellschaftlichen Leitbilder, sondern unter sorgfältiger Prüfung derselben mit Hilfe biblischer Orientierungen".

In Anknüpfung an unsere Thesen von 1999 halten wir fest:

  1. Wir sind uns bewusst, dass wir mit unseren Thesen   im Widerspruch zu starken Tendenzen unserer Gesellschaft stehen. In der politischen und gesellschaftlichen Diskussion der letzten Jahre sind Stichworte wie "Leistung", "Erfolg" und "Effizienz" allmählich zu ideologischen Selbstläufern geworden. In den dahinter stehenden Leitbildern geht es nicht mehr primär um eine allgemeine Erhaltung und Verbesserung humaner Lebensqualität, sondern um eine Rechtfertigung der größer werdenden Unterschiede in den Lebensbedingungen. Im Gegensatz dazu erhoffen wir von unserer Kirche auf ihren verschiedenen Verantwortungsebenen, dass der Mut zu einem solidarischen, dem Auftrag unserer Kirche entsprechenden Handeln wächst und praktisch Gestalt gewinnt.

  2. Unsere konkreten Anregungen (These 13) beinhalten neben der Begrenzung der Zeit zwangsweiser Stellenteilung und der Förderung nicht gehaltsgebundener Formen der Anerkennung vor allem den Vorschlag, dass alle Pfarrerinnen und Pfarrer das gleiche Grundgehalt (A 13/14) beziehen sollen. Für Leitungsämter und Sonderaufgaben soll es keine Höherstufung, sondern lediglich funktionsbezogene, nicht ruhegehaltfähige Zulagen für die Zeit der Ausübung dieser Tätigkeiten geben, wobei die Dauer zeitlich zu begrenzen ist. Ergänzend dazu können wir uns vorstellen, die altersmäßige Durchstufung abzuflachen, um mehr Bewegungsfreiheit für soziale Komponenten im Gehaltsgefüge zu erreichen. Darüber hinaus   sind wir offen für weiterführende Vorschläge, sofern diese der Grundintention unserer Thesen von 1999 entsprechen.

  3. Neue Gesichtspunkte sind zwischenzeitlich insbesondere von dem Arbeitskreis "Geistliche Berufe" der Gewerkschaft Ver.di eingebracht worden, die unsererseits intensiv in einem eigenen Arbeitskreis diskutiert wurden. Das gewerkschaftliche Modell sieht eine Aufhebung von Standesgrenzen zwischen der Pfarrerschaft und anderen theologisch-pädagogischen Berufen im Raum der Kirche vor. In der Konsequenz dessen wäre von einem einheitlichen Grundgehalt für alle theologisch-pädagogischen Berufe auszugehen. Erst in einem zweiten Schritt sollten sich Differenzierungen nach folgenden Kriterien ergeben: Sozialer Bedarf / Schulabschluss / Ausbildung / besondere Qualifikationen / besondere Funktionen / besondere Erschwernisse (Präsenzpflicht usw.). Das Lebens- und Dienstalter spielt in diesem Kriterienkatalog keine Rolle mehr.
    Hierzu halten wir fest:
    1. Wir halten die Konzeption in ihrer Intention für geeignet, weiter diskutiert zu werden. Sie betont das geschwisterliche Miteinander unterschiedlicher Berufsgruppen im Bereich der Kirche. Sie ermöglicht, dem Grundsatz der Bedarfsgerechtigkeit stärker Rechnung zu tragen und ermöglicht im Zusammenspiel nachvollziehbarer Kriterien eine transparente Lohnfindung.
    2. Wir weisen zugleich darauf hin, dass dieses Modell - völlig im Gegensatz zu seiner eigentlichen Intention - sich auch "neoliberal" missbrauchen lässt, indem man z.B. die Familienzulage auf ein Minimum reduziert und dafür Funktionszulagen besonders üppig berechnet.
    3. Im Einklang mit unseren Thesen von 1999 halten wir für die Pfarrerschaft unbedingt am Grundsatz der Alimentation fest. Es geht uns dabei nicht um beamtenrechtliche Privilegien, sondern um geistliche Gesichtspunkte. Hierzu bekräftigen wir die These 8: "Der Ertrag einer Arbeit im Pfarrberuf entzieht sich weitgehend objektiven Maßstäben." Wir bekräftigen weiter These 10: "Die Vision eines an messbarer Leistung, monetärer Leistungsbelohnung und unablässiger Effizienz orientierten Pfarrerbildes erweist sich vor reformatorischen Kategorien, aber auch mit nur wenig Phantasie als ein Zerrbild, dem wir nicht weiter nachhängen sollten" (vgl. auch Thesen 11 uns 12).

  4. Wir halten einen innerkirchlichen Konsultationsprozess zur gesamten Thematik für nötig. Dieser Konsultationsprozess kann zunächst einmal innerhalb der Pfarrerschaft beginnen, bedarf aber im weiteren Verlauf auch der Einbeziehung anderer Berufsgruppen. Wir gehen davon aus, dass unter dem Druck allgemeiner Finanzknappheit ohnehin weiterer Handlungsbedarf besteht. Angesichts dessen möchten wir unsere Sorge in mehrfacher Hinsicht zum Ausdruck bringen:
    • Wir haben die Sorge, dass es zu Festlegungen kommt, die dem allgemeinen gesellschaftlichen Trend entsprechen, der sog. "Leistungsgerechtigkeit" einen deutlichen Vorzug vor der "Bedarfsgerechtigkeit" und der "Generationengerechtigkeit" zu geben.
    • Wir haben weiter die Sorge, dass es zu einem Tauziehen unterschiedlicher kirchlicher Interessengruppen kommen könnte, das die gegenseitige Wertschätzung beschädigt.
    • Wir haben schließlich auch die Sorge, dass in unserer Kirche schmerzliche Einschnitte im Personalbestand vorgenommen werden, bevor sinnvolle Alternativen wirklich ausgeschöpft sind.

    • In alledem sind wir der Überzeugung, dass eine praktizierte, an transparenten Kriterien orientierte Solidarität nicht nur der kirchlichen Glaubwürdigkeit dient, sondern auch der Motivation und der Qualität der Leistung all derer, die in der Kirche ihren Dienst tun.

  5. Wir sind unsererseits bereit, den innerkirchlichen Konsultationsprozess zu der skizzierten Thematik voranzubringen. Wir bitten alle, deren Vorstellungen in eine ähnliche Richtung gehen, mit uns Kontakt aufzunehmen. Wir fordern unsere kirchenleitenden Organe auf, sich für den Konsultations- und Diskussionsprozess zu öffnen, bevor weitere Schritte eines Stellenabbaus unternommen werden.


Rummelsberg, 17. Mai 2005

f.d.R.: Dr. Karl Eberlein, Senior