Pfingsttagung 2017
5. bis 7. Juni 2017
im RPZ  in Heilsbronn

Tagung der
Pfarrbruderschaft - Theologische Weggemeinschaft von Männern und Frauen zusammen mit der
Vereinigung Bayerischer Vikarinnen und Vikare, Pfarrerinnen und Pfarrer (vbv)


"Was die Kirche von ihrem Nachwuchs lernen kann."
Die ersten Berufsjahre als Brennglas aktueller pastoraltheologischer Probleme.
PD Dr. Julia Koll


Wer heute in den Pfarrberuf startet, sieht sich mit ganz anderen Rahmenbedingungen konfrontiert als frühere Generationen. Längst nicht mehr kann von einer zentralen Stellung der Kirche in der Gesellschaft ausgegangen werden. Regionalisierungsprozesse und schwindende Mitgliederzahlen, Traditionsabbruch und Nachwuchsmangel lauten die Stichworte. 

Aber auch die Berufseinsteiger/innen selbst bringen Hoffnungen und Ansprüche mit, die oftmals in Spannung zum traditionellen Berufsbild stehen. So legen sie als Vertreter der „Generation Y“ z.B. Wert auf eine gute Balance und eine klare Trennung zwischen Arbeit und Freizeit. Gleichzeitig ringen sie genauso wie manch ältere Kolleg/innen damit, was den Pfarrberuf zu einem geistlichen Amt macht. 

In den ersten Berufsjahren, so lautet die These, zeigen sich einige der zentralen pastoraltheologischen Fragen besonders deutlich. Julia Koll, Privatdozentin für Praktische Theologie an der Georg-August-Universität Göttingen und Studienleiterin an der Evangelischen Akademie Loccum, wird einige der relevanten Aspekte genauer untersuchen.

Bericht von der Tagung

Traditionell treffen sich Mitglieder der „Weggemeinschaft“ zur Pfingsttagung – Pfingstmontag Abend bis Mittwoch Mittag; familienbezogen, mit Kinderbetreuung und theologischem Austausch. 2017 zusammen mit der vbv vorbereitet und durchgeführt.  

Pfingstmontag Abend

Nach der Andacht mit Kindern begrüßen der Senior der Pfarrbruderschaft Frieder Jehnes und der Geschäftsführer der vbv Hendrik Meyer-Magister die 51 Teilnehmenden, darunter Theresa Bachmann und Anna Grießhammer für die Kinderbetreuung. Karl-Heinz Klose sorgt dafür, dass sich Ältere und Jüngere z.B. bei der Frage treffen: „Wer geht in einen Kindergarten?“ - die Kindergartenkinder und die Großen, die den Betriebsträger vertreten. Johannes Wagner-Friedrich leitet an-schließend zu  Erzählrunden an: „Wie wurde ich zum (Berufs-)Nachwuchs der Kirche?“

Dienstag Vormittag

Die Andacht mit Kindern gestalten Sophia Fürst und Hendrik Meyer-Magister.

Ins Thema führt uns die Gastreferentin aus der Evangelischen Akademie Loccum Julia Koll. Nachwuchsmangel bestimme die pastoral-theologischen Überlegungen. Zwischen 2017 und 2027 werden 70 Prozent der jetzigen Pfarrerschaft in den Ruhestand gehen; der Nachwuchs gleicht dies absolut nicht aus. Viele Pfarrstellen werden unbesetzt bleiben (in Bayern ca. 600 Stellen; Anmerkung des Verfassers). J.Koll plädiert für eine „Willkommenskultur“ im Blick auf Berufsanfänger, die schon im Studium zu spüren ist. Die neue Generation (y bzw. englisch: why) ist geprägt durch welterschütternde Krisen (11.9./Flüchtlingsströme/Stellvertreterkriege/ökologische Entwicklungen usw.). Daher werden alte Muster deutlich hinterfragt, gepaart mit einem gewissen Selbstbewusstsein. Privatleben wird betont, oft verbunden mit abnehmendem politischen Engagement der technologieaffinen Generation.

Die Generation y treffe auf eine Kirche als hierarchische Organisation in der Krise. Den „Neuen“ gegenüber stehen eine Reihe von Kontrollmechanismen. Integration und Ausbildung sei eher defizitorientiert als kompetenzfördernd. Gen.Y frage entschiedener nach dem Spezifikum des Pfarrberufs, nach einer differenzierten Berufsbiografie und nach Abgrenzung von Beruf und sonstigem Leben.

Als Aussicht formuliert J.Koll die Chance, in einem Konzert unterschiedlicher, „bunter“ kirchlicher Berufswelt den Pfarrer/ die Pfarrerin als Vertreter des Übergeordneten (der Kirche? des Heiligen? Anm. d.Verf.) vor Ort zu profilieren. Eher weg vom Generalisten hin zur Ausdifferenzierung des Berufs.

Die Diskussion unter Leitung von Thomas Braun kreist um den Kirchenbegriff, bewegt die Spannung zwischen dem „Generalisten Pfarrer-in“ und eines ausdifferenzierten funktionsorientierten Pfarrberufs, öffnet die Schleusen für Anfragen an die Vikarsausbildung, stellt das Spezifische und Motivierende für den Pfarrberuf in der Begegnung und Begleitung von Menschen heraus.

Dienstag Nachmittag

Gesprächsgruppen am Nachmittag befassen sich mit den Themen
1) „Was kann die Kirche tatsächlich von ihrem Nachwuchs lernen?“
2) „Die Rolle der Kirchenleitung rund um den Berufseinstieg“ und
3) „Die Gestalt des Pfarrberufs heute und morgen“.

Zu 1): Nachwuchs bringt Kompetenzen, Vorbildung, andere Berufsausbildung oder Berufserfahrungen, Doktorarbeiten mit in die Ausbildung; es sollte möglich sein, dies in die Vikarsausbildung zu integrieren statt an starr erscheinenden Curricula festzuhalten.

Gegenüber dem Zwang der Organisation (leere Pfarrstellen; und „es ist halt so“) sollte dem Nachwuchs mehr Raum für eigene Entscheidungen –auch bei der Stellensuche- zugestanden werden. Begleitung und Hilfestellungen, wie ich den Beruf leben kann wurden angefragt.

Zu 2) Dienstordnungen als Hilfestellung und nicht als Kontrollmaßnahmen verstehen / Wer ist Akteur bei den Dienstordnungen? / Wie gelingt in den jeweiligen Arbeitssituationen fördern statt fordern?

Zu 3) Die Gestaltung bestimmen immer noch und sehr stark die agierenden Personen- Pfarrer-innen, Vikar-innen / Niemand will in den Beruf „einfliegen“ und wieder „r-ausfliegen“ / die junge Generation ist bereit(er) zum Teampfarramt; allerdings muss Teamarbeit in der P-Ausbildung einen angemessenen Platz erhalten / im Theologiestudium muss neben der Wissenschaftlichkeit auch die Lebensrelevanz Thema sein / nicht nur defizitorientiert, sondern Gaben zielgerichtet fördern ist die Erwartung an das PS / Nähe und Kontakt zu den Menschen ist Motivation für den Beruf.

Dienstag Abend

… ist traditionell ein Vertreter/ eine Vertreterin der Kirchenleitung zur Aussprache eingeladen. Die Regionalbischöfin Bornowski informiert über die Personalentwicklung in der bayerischen Landeskirche und nimmt Anfragen zum Berufsbild, zur Vikarsausbildung und zu „Profil und Konzentration“ auf, um sie an entsprechende Stellen weiterzureichen.

Mittwoch vormittag

Zur Mitgliederversammlung der Pfarrbruderschaft (mit Bericht des Geschäftsführers Mark Meinhard) und der Besprechung der anwesenden Vikare läuft parallel eine Münsterführung für die Kinder.

Der gemeinsame Gottesdienst im Heilsbronner Münster, den Susanne Böhringer, Karl-Heinz Klose und Julia Illner leiten, beschließt den thematischen Teil der Tagung.

Auf dem Studientag am Montag, 8. Januar 2018 wird der neue Rektor des Diakoniewerkes Neuendettelsau zu Gast sein. Und die Pfingsttagung 2018 gilt dem Thema „neue Lebensentwürfe, alternativ und bewusst leben“.

Karl-Heinz Klose, Heilsbronn, Mitglied im Sprecherrat
Fotos: Karl Mehl